Lange Lustvoll Lieben. Das ist ein Traum von Vielen. Ich dachte immer, ich müsste dafür so viele Sachen lernen. Vielleicht ist es Tantra, Kamasutra, Gewaltfreie Kommunikation, oder… Dabei ist es viel einfacher: Du darfst so einige Dinge aus deinem Mindset und deiner To-Do-Liste streichen, damit es prickelt in der Liebesbeziehung.

Ehrlich gesagt, hatte ich keinen Plan, wie es mit uns klappen könnte, als ich Raquel heiratete. Ich hatte die Hoffnung, ja! Und ich hatte auch gute Gründe, die ich meinem zweifelnden Ich vorlegen konnte: Wir waren damals schon einige Jahre (4!) zusammen. Wir hatten schon einige dicke Streits überstanden, wenn auch mit Blessuren und Narben. Wir waren nicht mehr verliebt, und hatten trotzdem fast regelmäßig Sex.

Alles in allem doch eine gute Grundlage?? Der Zweifler in meinem Kopf war nicht so ganz überzeugt angesichts der vielen Paare, die sich auch in unserem direkten Umfeld trennten und der hohen Scheidungsrat. Er wurde ausgeschaltet und stumm gestellt. Wir waren doch so ein schönes Paar…?

Bei der Hochzeit war Raquel bereits schwanger. Die Schwangerschaft lief traumhaft. Wir waren uns so nahe, wie nie zuvor. Wir hatten mega Lust, eine Familie zu gründen. Was könnte uns jetzt noch aufhalten? Was könnte uns jemals auseinanderbringen? Dann kam die Geburt und der Eltern-Alltag veränderte unser Leben komplett. 

Leidenschaft und Sex rückten immer mehr in den Hintergrund. Eine Tatsache, die ich für normal abstempelte und ihr wenig Bedeutung schenkte. Das ist eben so und ist ja auch nicht schlimm.  Ich denke, viele von uns haben insgeheim den Glaubenssatz kultiviert: „Das einzige, was bleibt in der Ehe, ist die Freundschaft!“ Doch dann regte sich meine Leidenschaft auf einmal wieder sehr heftig, als wir einen Monat auf einem Seminar  verbrachten… Für eine andere Frau. Das brachte sehr krasse Gefühle auf den Tisch, bei mir und bei Raquel, warf alles durcheinander und innerhalb kürzester Zeit stand unsere Beziehung vor dem Aus. Nur wenige Monate nach der Geburt unseres 1. Kindes.

Für mich war es immer wichtig gewesen, dass es Leidenschaft in der Partnerschaft gibt. Ich hatte aus meinen ersten Beziehungen bereits gelernt, dass es schwer ist, wennn es “im Bett nicht läuft”, wenn “die Chemie nicht stimmt”. Die Beziehung fühlte sich dann schnell nach Arbeit an. Dass das Thema aber so wichtig und brisant wäre, traf mich damals mit einem 3-Monate-alten Baby auf dem Arm doch extrem hart.

Was uns damals rettete, war die Offenheit, mit der wir ALLE Themen in der Beziehung auf den Tisch legten. Das war unsere Basis. Allerdings garantierte die noch keine prickelnde Leidenschaft zwischen uns. Also durften wir weiter gehen. Weiter lernen. Doch es kostete uns noch einige Jahre, der Forschung, um etwas zu entdecken, das wirklich hilfreich war. Es gibt die Menschen, die wissen, dass eine Liebesbeziehung auch nach vielen Jahren lustvoll sein kann. In einem Buch von David Schnarch las ich von Menschen, die ihren sexuellen Höhepunkt jenseits der 50 und der 60 erreichen, allesamt mit einem langjährigen Partner.

Erstaunlicherweise, war bei den Vorbildern, die ich fand, immer wieder die Rede vom Loslassen und Weglassen von Techniken, Stellungen und Vorstellungen. Eine Zusammenfassung von unserer Forschung möchte ich in diesem Artikel präsentieren. Hier kommen die 7 Dinge, die du loslassen darfst, um lange lustvoll zu lieben:

Erstens den Porno

Zunächst noch: Ich will hier nichts verteufeln. Auch den Porno nicht. Ich habe ihn selbst solo und gemeinsam mit meiner Partnerin konsumiert. Wenn du damit umzugehen weißt, kann er ein interessantes Element für deine Lust sein. Das Problem mit dem Porno ist, dass Viele, auch ich, unterbewust unsere Vorstellung, wie “guter” Sex verlaufen sollte, von der Pornoindustrie haben. Dort wird allerdings (fast) immer mit Schauspielern und übertriebenen Stereotypen gearbeitet. Frauen, die sofort und immer Lust haben, Männer, die lange performen können und beide sind am Besten noch Akrobaten. Das Problem ist in Wirklichkeit nicht der Porno sondern das Vergleichen vom eigenen Liesspiel mit dem was uns da vorgespielt wird. Das Vergleichen ist das eigentliche Problem.

Zweitens Performance

Aufgrund unserer idealisierten Vorstellung vom Liebesspiel haben Mann und Frau ständig das Gefühl, performen zu müssen. Der Mann fühlt sich schlecht, wenn er als erster kommt und dann die Frau nicht mehr zum Höhepunkt bringen kann. Die Frau fühlt sich schlecht, weil sie nicht so schnell geil wird oder in nicht wenigen Fällen, gar nicht zum Höhepunkt kommen kann. Viele Frauen verstehen gar nicht, warum sie auf die pronografische Art (möglichst hart und möglichst heftig) gar keine Lust haben, und sich viel mehr Nähe, Zärtlichkeit und Langsamkeit wünschen. Sie trauen sich auf der einen Seite nicht, ihre Wünsche zu äußern und schieben sie außerdem beiseite, weil sie spüren, dass im schnellen, stressigen Familienalltag sowieso keine Zeit dafür ist. Das sind nur einige Beispiele, die im Kopf Druck erzeugen und das Liebesspiel mit unangenehmen Gefühlen verknüpfen. 

Drittens Periferie

Dein Umfeld beeinflusst dich beim Sex? Mich auch. Ich könnte auch keinen Sex vor der Kamera machen. Nicht einmal für Gruppensex, auch wenn ich schon sexuelle Fantasien davon hatte, würde ich in der Realität taugen. Aber es geht noch weiter. Was ist, wenn die Kinder was mitkriegen? Was ist, wenn die Nachbarn uns hören? Ich weiß nicht, wie es bei Euch ist. Bei uns waren das Themen, die eine entspannte Zweisamkeit gestört haben. Auch hier durften wir Ängste und Zweifel loslassen.

Viertens Pracht

Das werden die 7 P´s. So wird es einfachen, sie sich zu merken 😉 Hinter Pracht steckt der Gedanke, anders sein zu müssen, damit du deinem Partner gefällst. Raquel hatte zu Beginn unserer Beziehung die Angst, ich als Deutscher würde ihren südländischen Körper nicht mögen, zum Beispiel ihre kräftige schwarze Behaarung oder ihren Geruch. Wir alle kennen das Phänomen aus der Disco. Dort sind alle besonders aufgebrezelt, um ein möglichst attraktives Bild abzugeben. Ich finde das nicht schlecht, nur, in einer Beziehung kannst du dich irgendwann nicht mehr hinter Klamotten oder Schminke verstecken, und die Angst, dein Partner mag dich dann nicht mehr ist ein Handycap für die Leidenschaft, denn unterbewusst bist du beim Liebesspiel immer angespannt.

Fünftens Penismanie oder Yoniphobie

Heißt, du darfst alle Gedanken loslassen, dass du nicht hübsch oder sogar ekelig bist. Ich hatte Sex mit einer Frau, die generell Yonis (ihre eigene eingeschlossen) und Lingame ekelig fand. Die geteilte Intimität mit dieser Frau war nicht einfach. Du darfst alle Konzepte von “Das ist hässlich”, “Das ist ekelig”, “Das geht gar nicht” loslassen und neugierig mit deinem eigenen Körper und dem deines Partners forschen und ausprobieren. Das heißt nicht, dass du über deine eigenen Grenzen gehen sollst und Dinge machen sollst, die dir widerstreben. Es heißt einfach, dass du Vorurteilen oder abgekaufte Meinungen loslassen darfst, die dich in dem Genuss deiner Sexualität einschränken.

Sechstens Panik

Es gibt so viele Vorurteile, die uns Panik machen vor der Zukunft unserer Beziehung und unserer Sexualität, dass ich sie hier gar nicht alle aufzählen will. Z.B. dass die Lust nach der ersten Phase des Verliebtseins zwangsläufig nachlässt oder dass unsere sexuelle Attraktivität an unser jugendliches Aussehen gebunden ist. Beide Glaubenssätze nehmen der Sexualität die Perspektive. Partner, die mit ihrer Sexualität verbunden sind, verfallen der Panik, ihr sexueller Höhepunkt läge schon in der Vergangenheit. Partner, die mit ihrer Sexualität nicht so vertraut sind und denen sie nicht so wichtig erscheint, verfallen der Panik, der Partner wird sie verlassen, um seine Lust wieder woanders befriedigen zu können.

Siebtens der Partner selbst

Das ist eine hohe Kunst. Den Partner loszulassen, ohne die Partnerschaft loszulassen. Es bedeutet, für dich selbst einzustehen und dir selbst Halt zu geben. Die Angst, du könntest die Liebe deines Geliebten verlieren, oder deinen Kindern den Vater rauben, führt gerade dazu, dass du Dinge den anderen zuliebe tust. Und gerade das entfernt dich un deinen Partner von dir selbst. Ich habe bei mir selbst beobachtet: Selbst, wenn ich meine Partnerin nicht mehr so geliebt habe und mir das Leben ohne sie leichter vorgestellt habe, hatte ich Probleme, sie loszulassen. Ich wollte nicht, dass sie mich hasst oder ich ihr gleichgültig werde. Ich selbst zu sein auch in Situationen, in denen ich fühle, dass meine Meinung oder mein Handeln meiner Partnerin gegen den Strich geht, fällt mir immer noch oft schwer. Dennoch weiß ich, dass ich daran nicht vorbei komme, wenn ich lustvoll lieben will. Zuerst mich selbst. Denn nur dann kann ich auch meine Partnerin lustvoll lieben.

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